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Schießprobleme bei Bundeswehr

Von: Spiegel Online

Mangelhafte Munition lässt Soldaten im Stich

Seit Monaten forscht die Bundeswehr, warum ihre Standardwaffe nicht so präzise schießt, wie sie soll. Nun gibt es offenbar ein Ergebnis. Laut der Bundeswehr waren die Patronen eines deutschen Traditionsherstellers für das Sturmgewehr G36 mangelhaft. Die Munition sorgte für fehlende Treffgenauigkeit bei Gefechten.

In einem vertraulichen Bericht an den Verteidigungsausschuss schreibt Staatssekretär Markus Grübel, seit Dezember 2013 werde die fehlerhafte Munition des Herstellers aus Rheinland-Pfalz für das Sturmgewehr G36 "im Einsatzland nicht weiter genutzt". Stattdessen seien umgehend "zwei Paletten der nicht auffälligen Munition" eines anderen Fabrikats, insgesamt rund 108.000 Schuss, nach Afghanistan transportiert worden.

Dramatische Einbußen an Treffgenauigkeit

Mit der Entscheidung ist aus Sicht der Bundeswehr das ewige Hin und Her über die Probleme beim G36 beendet. Bereits 2011 gab es aus Afghanistan erste Warnungen zum G36. In langen Gefechten, so warnten damals Soldaten, verliere das Gewehr der Waffenschmiede Heckler & Koch dramatisch an Treffgenauigkeit.

Die Wehrtechnische Dienststelle (WTD) in Meppen fand wenig später heraus, dass sich bei Dauerfeuer tatsächlich Abweichungen im Trefferbild ergaben, da sich der in Kunststoff gelagerte Lauf der Waffe massiv erhitzte. Die Truppe am Hindukusch erhielt im März 2012 daraufhin die leicht absurde Order, im Kampf Dauerfeuer zu vermeiden oder die Waffe bei Gefechten zwischendurch "auf Handwärme abkühlen" zu lassen - dann sei sie wieder treffsicher.

Munition versagte kläglich

Laut dem Schreiben aus dem Wehrressort aber lag die WTD falsch. So hätten mehrere unabhängige Gutachten zweifelsfrei ergeben, dass "kein Mangel an der Waffe vorliegt" und für die Abweichungen bei der Treffgenauigkeit im Gefecht "eindeutig nicht die Waffe, sondern die untersuchte Munition des Herstellers ursächlich" sei.

Abschließend hätten die Gutachter konstatiert, "dass die Beschaffenheit der Munition des einen Herstellers die Ursache für die Streukreisausweitung bei heiß geschossener Waffe darstellt". Bei anderer Munition jedoch konnten die Prüfer der renommierten Fraunhofer-Gesellschaft dies nicht feststellen. Angeblich habe der Hersteller, der neben der Bundeswehr auch die Bundespolizei mit Munition ausstattet, dies auch eingestanden.

Die neuen Ergebnisse überraschen durchaus, schließlich hatte die Wehrtechnische Dienststelle das G36 aufwendig untersucht und dabei darauf geachtet, dass Munition aus verschiedenen Lagern der Truppe verwandt wurde. In der langen Zeit der Prüfungen war der damalige Verteidigungsminister Thomas de Maizière unter Druck geraten, da er trotz der Berichte über die abnehmende Treffgenauigkeit von bis zu einem halben Meter weiter neue G36 bestellte.

Zweifel an Standardwaffe der Soldaten ausgeräumt

So wurden seit 2012 für rund 18 Millionen Euro noch knapp 7700 neue Modelle des Gewehrs geordert. Zudem billigte das Wehrressort eine weitere Tranche von 210 neuen G36-Gewehren für das Projekt "Infanterist der Zukunft" und eine Modernisierung des Bestands für rund 16 Millionen Euro.

Aktuell aber gibt es aus Sicht des Ministeriums keine Zweifel an den rund 160.000 G36-Gewehren der Bundeswehr. Das Sturmgewehr, mit dem der Hersteller auch international sehr erfolgreich Geschäfte macht, sei "uneingeschränkt tauglich für die Erfordernisse der laufenden Einsätze und des Grundbetriebs der Bundeswehr", so Staatssekretär Grübel. Da man die Ursache für die Probleme nun gefunden habe, gebe es auch "keine Planungen, das G36 zu ersetzen".